
Was ist die Mal- und Gestaltungstherapie
Ich bin nicht das, was mir passiert ist. Ich bin das, was ich entscheide zu werden.
C.G.Jung

URSPRUNG
In Österreich ist die Kunsttherapie ein vergleichsweise junges Berufsbild. Ihre Wurzeln hat sie allerdings schon in den frühen 1940er Jahren, als KünstlerInnen und TherapeutInnen begannen, die therapeutische Wirkung von Kunst und Kreativität zu erkennen und zu erforschen.
Dass Menschen sich schon vor knapp 40 000 Jahren mittels Kunst ausgedrückt haben, zeigen früheste Zeugnisse der Fels- und Höhlenmalerei.
Ein weniger langer Zeitraum liegt zurück, als Erwin Bakowsky, Sozialarbeiter und Mal- und Gestaltungstherapeut, 1990 das Seminarinstitut für Mal- und Gestaltungstherapie in Wien gründete. Ich war Mitte 20, als ich bei ihm zu lernen begann und erinnere mich, dass jedes Seminar bei mir Begeisterung hervorgerufen hat.
Das therapeutische Konzept und Menschenbild der Mal- und Gestaltungstherapie richtete er von Anfang an auf die Tiefenpsychologie nach C.G.Jung aus.
Wichtig hinzuzufügen ist, dass die ästhetische Bewertung der Werke nicht im Vordergrund steht.
Therapieverfahren
Die Mal- und Gestaltungstherapie ist ein eigenständiges Therapieverfahren in dem das bildnerische Werk im Zentrum steht.
Wie bereits erwähnt, orientiert sich die Methode nach dem psychodynamischen Modell der analytischen Psychologie nach C.G.Jung. Jung betonte, dass der Mensch sich sein ganzes Leben lang weiterentwickeln kann. Jene Potentialentfaltung nennt er den Individuationsprozess. Dieser basiert auf den schöpferischen Kräften der Psyche, welche sich mittels Träume, aber auch Bildern in symbolischer Sprache dem Menschen mitteilen können.
Alleine die Beschäftigung mit der eigenen Symbolsprache des Unbewussten regt schon zu Veränderungen in der bewussten Lebensführung an. Dies ist besonders hilfreich bei Lebensübergängen aber auch bei Krisen und Erkrankungen.
der Prozess
Ingrid Riedel, Lehranalytikerin und Supervisorin am C.G.Jung-Institut Zürich, nennt vier wirksame Prozesse einer Mal-und Gestaltungstherapie:
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der Gestaltungsvorgang an sich (Verwendung von diversen Materialien und Techniken)
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der Imaginations- bzw. Symbolisierungsvorgang (auftauchende Fantasien und Symbole)
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Besprechung-und Interpretationsvorgang (Sich mitteilen, Umkreisen von Symbolen, Bezüge herstellen zu aktuellen Themen)
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Begegnung- und Beziehungsvorgang (zwischenmenschliche Dynamiken, Empathie, Begleitung und Unterstützung)
Immer geht es hierbei um eine Beziehung zwischen dem bewussten Ich und seinem Unbewussten. Gelingt es hier einen Dialog herzustellen, kann der Mensch sich entfalten und herausfordernde Zeiten besser bewältigen.
Die eigene biographie
Aus Sicht der Jung'schen Psychologie ist es auch notwendig, in Kontakt mit den Kräften aus der eigenen Biographie zu kommen. Hier handelt es sich zumeist um schöpferische Kräfte der Kindheit, welche über die Jahre unterdrückt wurden. Hinzu können verdrängte Erlebnisse, alte Prägungen und negative Glaubenssätze kommen. All dies, Jung nennt es den Schatten, kann mittels Mal- und Gestaltungstherapie bewusst gemacht werden. Wir können zu mehr Lebenskraft und Lebensfreude gelangen, wenn es uns gelingt diese Schattenanteile in unser bewusstes Dasein zu integrieren.
"ein bild sagt mehr als tausend worte"
ist eine bekannte Aussage aus der Kunst-und Gestaltungstherapie.
Im anschliessenden Werkgespräch nähern wir uns dieser scheinbar geheimnisvollen Symbolsprache an und lernen diese zu verstehen. Symbole werden nicht therapeutisch gedeutet sondern umkreist. Es wird versucht, Bezüge zur eigenen Biographie und zur aktuellen Lebenssituation herzustellen. Mit jedem Werkgespräch verstehen wir etwas mehr, was uns das Unbewusste mitteilen möchte.
Nun gilt es auch noch zu lernen, ganz bewusste Schritte im realen Leben einzuüben, damit der Lebenswandel eintreten kann.
Im Rahmen der Mal- und Gestaltungstherapie hat unsere Fantasie freien Gestaltungsraum.
die therapeutische triade
Einmaliges Merkmal des Therapieverfahrens ist die therapeutische Triade (Trias - Drei). Dabei spricht man von KlientIn, TherapeutIn und dem Werk. Die Interventionen sind, durch das Vorhandensein des Werks, weniger konfrontativ und sprachlastig als andere Therapieverfahren.
Die Person (in der Triade als KlientIn bezeichnet) wird, durch den Ausdruck des Werks, in ihrer Tiefe und Einzigartigkeit erkannt.
wissenschaftlich unterstützt
Studien haben gezeigt, dass Kunsttherapie das Wohlbefinden steigern, Stress reduzieren und zur Verbesserung kognitiver Funktionen beitragen kann.
